Experimente mit einem UKW LDMOS Leistungsverstärker

Der LDMOS MRF101 von NXP verspricht knapp über 100 Watt Ausgangsleistung und 20 dB Verstärkung von 1,8 MHz bis 250 MHz. Aufgrund der enormen Robustheit gegenüber Fehlanpassungen (VSWR > 65:1) und seines relativ günstigen Preises ist der MRF101 sehr interessant für die Amateurfunkwelt. Dieser Artikel zeigt erste Versuche im 2m Amateurfunkband.

Prototyp des UKW LDMOS Leistungsverstärkers

Prototyp des UKW LDMOS Leistungsverstärkers

Überblick

Für meine Versuche verwende ich einen einzelnen MRF101AN (keine push-pull Konfiguration). Trotz der Eignung für das 6m (50 MHz), 4m (70 MHz), 2m (145 MHz) und 1,25m (222 MHZ) Amateurfunkband sowie dem UKW Rundfunkband, scheint es im Internet kaum Designs mit dem MRF101 für diese Bänder zu geben. Die meisten Selbstbauten beschränken sich auf KW + 6m. Meine Vermutung ist, dass die Anpassung der Eingangs- und Ausgangsimpedanz mit Breitbandübertragern auf niedrigeren Frequenzen wesentlich leichter ist und Bastler von höheren Frequenzen fernhält. Für meine Versuche habe ich das 2m-Band für meinen Prototypen gewählt.

Meine Vorgaben für meinen Prototypen habe ich wie folgt gewählt: Eingangs-VSWR kleiner 2:1 im Bereich 144-148 MHz, 100 mA Ruhestrom gemäß Datenblatt. Die Vorspannung zur Ruhestromeinstellung des MRF101AN wurde über einen Widerstand ans Gate gebracht. Dieser Widerstand ist wechselstromseitig über einen Kondensator auf Masse gelegt und ist Teil der Eingangsimpedanzanpassung. Dazu aber später mehr.

Anpassung der Eingangs- / Ausgangsimpedanz

Die erste wirkliche Herausforderung bei der Entwicklung meines Prototyps war die Eingangsimpedanzanpassung. Laut Datenblatt ist die Eingangsimpedanz des MRF101AN bei 145 MHz mit 6.2 – j10.2 angegeben [1]. Eine stark kapazitive Reaktanz ist bei einer Eingangskapazität von 149 pF wenig verwunderlich. Die zu erwartende Ausgangsimpedanz beträgt 9.9 – j5.9. Aufgrund der stark reaktiven Anteile der komplexen Impedanz wären Versuche mit Breitbandübertragern mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit zum Scheitern verurteilt.

Daher habe ich mich zur Eingangsimpedanzanpassung für ein einfaches L-Netzwerk entschieden. Zur Impedanzanpassung mit einem L-Netzwerk habe ich bereits einen Artikel geschrieben [2]. Im Artikel ist die Funktionsweise und die Berechnung eines solchen Netzwerkes ausführlich beschrieben. Es sollte angemerkt werden, dass man aus Gründen der Stabilität niemals versucht die Gate-Impedanz eines Leistungs-MOSFETs direkt an 50 Ohm anzupassen. Die übliche Praxis ist es, einen relativ niederohmigen Widerstand zwischen Gate und Source zu platzieren und die resultierende Gesamtimpedanz dann an die Systemimpedanz von 50 Ohm anzupassen. Der Ausgang eines Leistungs-MOSFET kann hingegen direkt an 50 Ohm angepasst werden.

Da ich selbst zu unmotiviert war mögliche Werte per Hand zu berechnen, habe ich die kostenlose Software SimSmith von AE6TY verwendet [3]. SimSmith erlaubt es per drag and drop verschiedene Komponenten in der Schaltung zu platzieren und ihr Verhalten über einen breiten Frequenzbereich zu simulieren. Um richtig Spaß an der Software zu haben sollte man natürlich ein Smith-Diagramm einigermaßen lesen können. Eine SWR-Anzeige ist allerdings auch verfügbar.

SimSmith Simulation der Eingangsimpedanzanpassung des MRF101AN mittels L-Netzwerk

SimSmith Simulation der Eingangsimpedanzanpassung des MRF101AN mittels L-Netzwerk

Das die simulierte Eingangsanpassung wollte allerdings in der Realität nicht so richtig funktionieren. Dies ist allerdings auch wenig verwunderlich; Mein fliegender, Manhattan-style Aufbau der Schaltung ist alles andere als optimal für eine solche Schaltung. Aufgrund der parasitären Induktivitäten, die ein solcher Aufbau mit sich bringt, musste ich die Induktivitäten der Eingangs- und Ausgangsanpassung deutlich verringern. Wie man später sehen kann habe ich es mit der Reduzierung der Induktivität etwas übertrieben. Das ist für die Experimente zur Machbarkeit aber erstmal egal.

Folgende Schaltung habe ich für die weiteren Versuche verwendet:

Schaltplan des MRF101AN Leistungsverstärkers für das 2m-Amateurfunkband

Schaltplan des MRF101AN Leistungsverstärkers für das 2m-Amateurfunkband

Die Schaltung kann hier auch als PDF heruntergeladen werden: MRF101_AN_VHF_Amplifier_Schematic.pdf

Testergebnisse


Für diese Tests habe ich mir nicht besonders viel Mühe gegeben. Lediglich genug um die Machbarkeit der von mir beabsichtigten Topologie zu überprüfen. Eine Optimierung der Schaltung kann dann später mit einem vernünftigen Platinenlayout erfolgen. Alle Tests wurden mit einer Versorgungsspannung von 50 Volt und einem eingestellten Ruhestrom am MRF101AN von 100 mA durchgeführt. Der Ausgang der Leistungsendstufe wurde mit einer 50 Ohm Ersatzlast (Dummyload) terminiert. Ein Teil der Leistung wurde über einen 1:100 Tastkopf an mein Siglent SDS1202X-E Oszilloskop geschickt. Ein großer Kühlkörper stellte sicher, dass der MRF101AN sich jederzeit in seinem zulässigen Betriebstemperaturbereich befand.

Nach Anlegen der Betriebsspannung hat der Leistungsverstärker sofort beschlossen selbstständig zwischen 160 und 170 MHz oszillieren zu wollen. Das war zu erwarten und konnte ihm mit etwas Abschirmung zwischen der Gate- und Drain-Seite der Platine sofort wieder ausgetrieben werden.

Als erstes wurde die Eingangsimpedanz mit einem Nano VNA überprüft. Zwar ist der Verlauf des VSWR akzeptabel und innerhalb des Ziels von kleiner 2:1, jedoch lässt sich das Ganze sicher noch deutlich optimieren.

VSWR am Eingang des LDMOS Leistungsverstärker. Gemessen mit einem Nano VNMA

VSWR am Eingang des LDMOS Leistungsverstärker. Gemessen mit einem Nano VNMA

Ein Blick auf die komplexe Impedanz im Smith-Diagramm ergibt eine deutlich aussagekräftigeres Bild vom Verlauf der Eingangsimpedanz:

Komplexe Eingangsimpedanz des MRF101AN LDMOS Leistungsverstärker

Komplexe Eingangsimpedanz des MRF101AN LDMOS Leistungsverstärker

Ein Bisschen mehr Admittanz von C2 und etwas mehr Reaktanz von L1, dann sollte die Eingangsanpassung ganz gut aussehen. Da sich die parasitären Reaktanzen bei einem zukünftigen Platinenlayout ohnehin ändern, wurde der geringen Fehlanpassung erstmal keine weitere Beachtung geschenkt. Auf jeden Fall war es gut genug um um ein Handfunkgerät ohne Risiko mit der LDMOS Endstufe verbinden zu können.

Test des UKW (144-148 MHz) LDMOS Leistungsverstärker

Test des UKW (144-148 MHz) LDMOS Leistungsverstärker

Bei rund einem Watt Eingangsleistung auf 145,225 MHz brachte die Endstufe – vermeintlich – tatsächlich knapp 100 Watt HF Ausgangsleistung:

Ausgangssignal des Prototyps

Ausgangssignal des Prototyps

Die Messergebnisse sind allerdings mit äußerster Vorsicht zu genießen! 70.5 Vrms an 50 Ohm entspricht natürlich ganz knapp 100 Watt Leistung. Der Spruch „Wer misst, misst Mist!“ gilt allerdings auch für moderne Oszilloskope. Zunächst fällt auf, dass das gemessene Signal ziemlich Sinusförmig aussieht. Das ist mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit eine Illusion. Das Oszilloskop hat eine maximale Bandbreite von 200 MHz und ist daher nicht in der Lage die höherfrequenten Fourierkomponenten des vermutlich oberwellenreichen Signals korrekt darzustellen. Zwar hat das L-Netzwerk am Ausgang eine Tiefpasscharakteristik, allerdings keine besonders hohe.

Zusätzlich wurde eine Stromaufnahme von nur rund 2,3 A bei 50 V Betriebsspannung beobachtet. Das entspricht 115 Watt DC-Eingangsleistung. Würde die Ausgangsleistung tatsächlich 100 Watt betragen, entspräche dies einem Wirkungsgrad von ca. 87 %. Der Kühlkörper der Ersatzlast wird in jedem Fall relativ schnell ziemlich warm. Sobald ich ein UKW-taugliches Leistungsmessgerät in die Finger bekomme werde ich dem noch einmal genauer nachgehen. Für die Machbarkeitsanalyse ist aber auch das erstmal egal.

Zusammenfassung

Die Experimente mit dem MRF101AN stimmen mich optimistisch genug um ein passendes Platinenlayout zu entwickeln. Dazu warte ich eigentlich nur auf eine Rückmeldung der Würth Elektronik Unternehmensgruppe ob diese mir die zu den hübschen, Würth-roten WCAP-ATG8 Kondensatoren auch die passenden Spulen zur Verfügung stellen. Zusätzlich sammle ich aktuell Rückmeldungen von meinen Abonnenten ob die Platine zeitgemäß mit SMD-Bauteilen, oder klassisch mit bedrahteten Komponenten geplant werden soll.

Das finale Platinenlayout soll auf jeden Fall – je nach Bestückung – für 6m (50 MHz), 4m (70 MHz), das UKW Rundfunkband, 2m (145 MHz) und eventuell 1,25m (222 MHZ) einsetzbar sein. Meine Tendenz geht aktuell dahin, die Vorspannungsregelung und die Temperatur- / Stromüberwachung auf eine gesonderte Platine auszulagern. Das hätte dann den Vorteil, dass man die Zusatzplatine ziemlich universell auch für andere LDMOS / Leistungs-MOSFETs einsetzen könnte. Beispielsweise für den großen Bruder des MRF101AN, den MRF300AN (300 Watt, 1,8 – 250 MHz).

Links and Sources:

[1] MRF101AN / MRF101BN Datasheet, NXP: https://www.nxp.com/

[2] L-Network impedance matching https://baltic-labor.de

[3] SimSMith, Ward Harriman, AE6TY http://www.ae6ty.com/

Bitte zitieren als:
S. Westerhold: Experimente mit einem UKW LDMOS Leistungsverstärker (2022), in: Baltic Labor Blog für Hochfrequenz- und Messtechnik, ISSN (Online): 2751-806X, URL: https://baltic-labor.de/2022/04/experimente-mit-einem-ukw-ldmos-leistungsverstarker/ (Stand: 25.12.2024).

Sebastian Westerhold

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