Thermisches Design | Praxisbeispiel

Oft fragt man sich bei Selbstbauprojekten: „Benötige ich einen Kühlkörper?“ Die Lösung wird meistens eher erraten bzw. ausprobiert. Dieser Artikel soll anhand eines einfachen Linearreglers zeigen, wie man diese Frage auch Mathematisch beantworten kann.

Fallbeispiel: Mein Funkscanner hat einen Eingang für eine externe 6 Volt Spannungsversorgung. Um den Scanner über die 12V Zigarettenanzünder-Steckdose betreiben zu können, habe ich einen ST L7806 Linearregler verwendet. Dieser regelt die rund 13,8 Volt der Fahrzeugbatterie auf 6 Volt herunter. Der gemessene Betriebsstrom des Scanners beträgt 0,25 A.

Universelle Linearregler Platine

Universelle Linearregler Platine

Fangen wir mit der wichtigsten Frage an: Wie heiß darf der Linearregler überhaupt werden? Die Antwort findet sich selbstverständlich im Datenblatt [1]. Im Datenblatt steht ein absolutes Maximum von 150 °C. Es ist zu beachten, dass sich der Maximalwert auf die Temperatur der Halbleiterschicht(en) bezieht, nicht auf die Gehäusetemperatur.

ST L7800 Datasheet

ST L7800 Datasheet

Wie rechnen wir nun also aus, welche Temperatur im Kern des Linearreglers erreicht wird? Der Schlüssel ist der Wert mit dem Namen thermal resistance junction-ambient, mit dem Symbol Theta ja (θja). Das „ja“ steht für junction-to-ambient, also „Sperrschicht zu Umgebung“. Dieser Wert gibt nämlich an um wie viel Grad (in Celsius) die Sperrschichttemperatur über die Umgebungstemperatur pro Watt abzuführende Verlustleistung steigt. Für die Umgebungstemperatur wird meist der Wert 25 °C angenommen. Wird das betreffende, aktive Bauteil in einer deutlich wärmeren Umgebung eingesetzt werden, sollte dies entsprechend berücksichtigt werden.

Um nun die Sperrschichttemperatur zu erhalten, multipliziert man einfach den θja-Wert mit der abzuführenden Verlustleistung und addiert die Umgebungstemperatur hinzu:

T = Tumgebung + (θja * Verlustleistung)

Um 13,8 Volt auf 6 Volt herunterzuregeln, müssen 1,95 Watts ([13,8V – 6V] * 0,25A) wortwörtlich verheizt werden. Fügt man diesen Wert nun in die Formel ein, bekommt man endlich ein Ergebnis für die zu erwartende Sperrschichttemperatur:

25 + (50 * 1,95) = 122,5 °C

Die zu erwartende Sperrschichttemperatur liegt mit 122,5 °C also unter dem akzeptablen Maximalwert von 150 °C. Theoretisch könnte man den Linearregler unter den berechneten Bedingungen also ohne Kühlkörper betreiben.

Ob das tatsächlich sinnvoll ist, ist eine andere Frage. Die Versorgungsspannung von Kraftfahrzeugen ist alles andere als stabil. Spannungen von über 14 Volt sind keine Seltenheit. Die Innentemperatur, und damit die Umgebungstemperatur des Linearreglers, wird vor Allem in der Sonne schnell über 25 °C steigen. Man sollte also sicherheitshalber einen Kühlkörper verwenden. Zudem wird hier offensichtlich, dass man für die eingesetzten Werte in den Formeln die jeweiligen maximalen Extremfälle verwenden sollte. So ist man auf der sicheren Seite.

Quellen:

[1] L7800 Series Datasheet, ST: https://baltic-labor.de/wp-content/uploads/2016/01/L7800.pdf

Bitte zitieren als:
S. Westerhold: Thermisches Design | Praxisbeispiel (2022), in: Baltic Labor Blog für Hochfrequenz- und Messtechnik, ISSN (Online): 2751-806X, URL: https://baltic-labor.de/2022/03/thermisches-design-praxisbeispiel/ (Stand: 23.04.2024).

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