Einstellbares 30 kV Hochspannungs-Netzeil im Eigenbau

Hochspannungs-Netzteile öffnen Tür und Tor für interessante Experimente wie beispielsweise mit Lasern, Röngenstrahlen und Löschfunkensender. Kommerzielle Hochspannungs-Netzteile sind jedoch ziemlich teuer. Zum Glück gibt es einen kostengünstigen Weg ein Hochspannungs-Labornetzteil aus kostengünstigen, kommerziellen Bauteilen und Komponenten zu bauen. Dieser Artikel zeigt, wie man für 100 – 150 € ein einstellbares Labornetzteil mit einer Ausgangsspannung von bis zu 30 kV und einem Ausgangsstrom von 20 mA selbst bauen kann.

Eigenbau 30 kV Labornetzteil

Eigenbau 30 kV Labornetzteil

Überblick

Die Grundlage für dieses Projekt ist ein kommerzielles Laser-Netzteil. Es handelt sich um ein Laser-Netzteil für 50 Watt CO2 Laser vom Hersteller VEVOR [1]. Laut Herstellerangaben ist das Netzteil in der Lage Ausgangsspannungen zwischen 20 und 26 kV zu erzeugen. In meinen Tests zeigte sich jedoch, dass sich das Netzteil problemlos zwischen 5 kV und 30 kV einstellen lässt. Mit einem maximalen Ausgangsstrom von 20 mA eignet es sich hervorragend für eigene Hochspannungsexperimente.

Frontalansicht des 5 kV - 30 kV high Hochspannungs-Netzteil

Frontalansicht des 5 kV – 30 kV high Hochspannungs-Netzteil

Sämtliche Komponenten und Bauteile sind fest in einem 19"-Gehäuse verbaut. Ein geschützter Schalter und ein kleiner Taster können die Hochspannung bei bedarf zu- oder abschalten. Ein Mehrgang-Potentiometer wird verwendet um die Ausgangsspannung einzustellen. Zwei Zeigerinstrumente für Spannung und Strom verschaffen einem jederzeit einen Überblick über die zur Verfügung gestellte Hochspannung. Aus Kostengründen wird auf die Verwendung eines Hochspannungsstecker direkt am Netzteil verzichtet. Stattdessen wird das Hochspannungskabel, welches bis 50 kV zugelassen ist, mit Hilfe einer Durchführungstülle aus dem Netzteil herausgeführt. Das offene Kabelende ist dann mit einem kostengünstigen Hochspannungsstecker aus dem Laserbereich terminiert [2].

Blick von oben auf das Hochspannungs-Netzteil, alle Komponenten und die interne Verdrahtung

Blick von oben auf das Hochspannungs-Netzteil, alle Komponenten und die interne Verdrahtung

Strom- und Spannungsmessung

Eine Sache, die jedes gute Labornetzteil auszeichnet, ist die Möglichkeit jederzeit Strom und Spannung ablesen zu können. Die Strommessung wird durch ein einfaches 30 mA Zeigerinstrument realisiert. Um direkten Kontakt mit der Hochspannung zu vermeiden, ist dieses auf der Masseseite des Ausgangskreises installiert. Man spricht in diesem Fall von low-side sensing. Da der Strom in einem geschlossenen Strang überall gleich ist, ist es folglich auch egal an welcher Stelle ein Amperemeter installiert wird.

Frontalansicht des einstellbaren 30 kV Netzteiles mit Blick auf die interne Verdrahtung.

Frontalansicht des einstellbaren 30 kV Netzteiles mit Blick auf die interne Verdrahtung.

Analoge Voltmeter sind für wenig Geld leicht zugänglich. Für Messgeräte, die bis zu 30 kV messen können sollen, wird die Liste an verfügbaren Optionen jedoch sehr kurz. Soll das Ganze dann noch in ein Hobbybudget passen, gibt es wenige bis gar keine Optionen. Die einfache Lösung für diese Herausforderung ist die Verwendung eines 50 µA Strommessgerätes in Verbindung mit einem 1 Gigaohm (GΩ) Messwiderstand in Serie zum Messinstrument. Dem Ohmschen Gesetz folgend (I = U/R), beträgt der Strom durch einen 1 GΩ Widerstand exakt 1 µA pro Kilovolt (kV). Bei einer Ausgangsspannung von 30 kV sollte das Strommessgerät folglich einen Strom von 30 µA anzeigen (Gl. 1). Für Hochspannung geeignete 1 GΩ Messwiderstände gibt es für wenig Geld bei [3].

Ein geeigneter 1 Gigaohm Messwiderstand und ein 0 - 50 µA Amperemeter für Spannungsmessungen von bis zu 50 kV

Ein geeigneter 1 Gigaohm Messwiderstand und ein 0 – 50 µA Amperemeter für Spannungsmessungen von bis zu 50 kV

Mikroamperemeter und 1 Gigaohm Widerstand zur Messung von Hochspannung von bis zu 50 kV

Mikroamperemeter und 1 Gigaohm Widerstand zur Messung von Hochspannung von bis zu 50 kV

(1)   \begin{equation*} I = \frac{30 \cdot 10^3 V}{1 \cdot 10^9 \Omega} = 30 \mu A \end{equation*}

(2)   \begin{equation*} I = \frac{30 \cdot 10^3 V}{(1 \cdot 10^9 + 125 \cdot 10^3) \Omega} = 29.996250...\mu A \end{equation*}

Aufmerksame Lesern fällt an dieser Stelle vielleicht auf, dass der tatsächliche Strom – aufgrund des Innenwiderstandes des Strommessgerätes selbst (ca. 2 kΩ) – etwas geringer ausfallen müsste. Dieser Umstand verfälscht natürlich die angezeigten Messwerte. Dies ist zwar korrekt, jedoch machen ein paar Kiloohm mehr oder weniger in Relation zu einem 1 GΩ Widerstand keinen großartigen Unterschied. Selbst mit zusätzlichen 125 kΩ in Serie mit dem gesamten Messaufbau, wäre der angezeigte Wert immer noch auf zwei Nachkommastellen genau (Gl. 2). Der zu erwartende Fehler ist also insignifikant und ohnehin deutlich unter der Ablesbarkeit des Messinstrumentes.

V. l. n. r.: Hochspannungskabel (rot), 1 Gigaohm Messwiderstand, 50 µA Strommessgerät als Voltmeter, 4mm Buchse für die Masseverbindung und ein 30 mA Strommessgerät.

V. l. n. r.: Hochspannungskabel (rot), 1 Gigaohm Messwiderstand, 50 µA Strommessgerät als Voltmeter, 4mm Buchse für die Masseverbindung und ein 30 mA Strommessgerät.

Der 1 GΩ Messwiderstand ist direkt an das Hochspannungskabel gelötet. Bei Spannungen von bis zu 30 kV reicht etwas Schrumpfschlauch leider nicht zum isolieren. Zunächst ist die Lötstelle mit mehreren Schichten des als Super Corona Dope bekannten MG Chemicals 4226A Isolierlackes [4] beschichtet. Obwohl der Isolierlack eine sehr hohe Durchbruchspannung von 3 kV pro mil (= 0,0254 mm) verspricht, ist noch etwas Epoxy zum Einsatz gekommen. In Epoxid getränkte Textilstreifen sind fest um die Lötstelle gewickelt worden. Bei dem Textilmaterial handelt es sich um ein einfaches T-Shirt. Vielleicht eine etwas merkwürdige Methode, aber äußerst effizient.

Laser Netzteil und Bedienelemente


Die exakte Kontaktbelegung des VEVOR Lasernetzteiles herauszufinden hat etwas Mühe gekostet. Zwar ist der Lieferung eine einseitige Bedienungsanleitung beigefügt worden, die hier verwendete Sprache und Nomenklatur ähnelte zwar der englischen Sprache, ließ jedoch stellenweise tiefergehende Bedeutung vermissen… Mit Ausprobieren und versehentlichen Hochspannungsüberschlägen ist die korrekte Kontaktbelegung dann jedoch recht schnell identifiziert worden.

Verbindung zum Lasernetzteil: Netzspannung (links), Anpassung der Ausgangsspannung (Mitte) und Zu- / Abschaltung der Hochspannung (rechts)

Verbindung zum Lasernetzteil: Netzspannung (links), Anpassung der Ausgangsspannung (Mitte) und Zu- / Abschaltung der Hochspannung (rechts)

Die korrekte Kontaktbelegung ist in den folgenden Tabellen aufgeführt:

230V Netzspannung (links):

Pin 1 (links) Pin 2 Pin 3 Pin 4 (rechts)
Ground
(Weiß)
Erde
(Grüngelb)
230V Neutralleiter
(Blau)
230V Außenleiter
(Schwarz)

Steuereingang (Mitte):

Pin 1 (links) Pin 2 Pin 3 Pin 4 Pin 5 Pin 6 (rechts)
Brücke zu Pin 2
(schwarz)
Brücke zu Pin 1
(Schwarz)
Offen Steuerspannung GND
(Schwarz)
Steuerspannung Eingang
(orange)
Steuerspannung 5 VDC
(red)

HV Freigabe (Rechts):

Pin 1 (links) Pin 2 Pin 3 Pin 4 (rechts)
Offen GND
(Orange)
5 V DC
(10K Widerstand zu Pin 4)
Freigabe, active low
(orange)

Mit der richtigen Kontaktbelegung ist die Verdrahtung der Bedienelemente ein Kinderspiel. Der Anschluss der Netzspannung ist mit einem schaltbaren und abgesicherten IEC320 IEC60320 Verbinder ausgeführt. Es soll hier angemerkt werden, dass Erdung, Masse für die Hochspannung und Masse für die Bedienelemente im Lasernetzteil intern zusammengeführt sind. Um hier auf der sicheren Seite zu sein, ist der Lack des 19"-Gehäuses unter dem Lasernetzteil entfernt worden um eine niederohmige Verbindung zu geerdeten Gehäuse sicherzustellen. Für doppelte Sicherheit ist eine dedizierte Erdungsverbindung zum Gehäuse über eine Schraube und einem Ringkabelschuh hergestellt worden.

Nahaufnahme der internen Verdrahtung: IEC60320 Verbinder für die Netzspannung (links), VEVOR Lasernetzteil (oben), Bedienelemente für die Ausgangsspannung (rechts)

Nahaufnahme der internen Verdrahtung: IEC60320 Verbinder für die Netzspannung (links), VEVOR Lasernetzteil (oben), Bedienelemente für die Ausgangsspannung (rechts)

Ein 10-Gang Präzisionspotentiometer wird zur Einstellung der gewünschten Ausgangsspannung verwendet. Das Lasernetzteil erwartet hierfür eine Steuerspannung zwischen 0 und 5 Volt. Praktischerweise werden 0 V (GND) und +5 V DC an Kontakten direkt neben dem Steuerspannungseingang zur Verfügung gestellt. Diese Referenzspannungen sind fest mit den Enden des Potentiometers verbunden. Der Schleifer ist mit dem Steuerspannungseingang des Lasernetzteiles verbunden und stellt je nach Stellgröße die benötigten 0 – 5 V zur Einstellung der Ausgangsspannung zur Verfügung. Ein geschützter Schalter und ein Taster zur Zuschaltung der Hochspannung sind parallel miteinander verschaltet und gemeinsam an den „Enable“ Eingang herangeführt. Der Enable-Eingang ist active-low, d.h. die Ausgangsspannung wird zugeschaltet, wenn das Steuersignal auf Masse-Niveau ist. Sicherheitshalber ist der Eingang daher mit einem 10 kΩ pull-up Widerstand zum 5-Volt-Kontakt verbunden. Dies ist zwar nicht notwendig, aber sicher ist sicher.

Test

Für den ersten Test habe ich mir etwas Besonderes Überlegt. Aus einigen Hochspannungsbauteilen, einer Spule und etwas Acrylglas ist schnell ein (suboptimaler) Löschfunkensender mit einer Sendefrequenz von ca. 3 MHz entstanden. Selbstverständlich wird der Löschfunkensender nicht an einer Antenne betrieben, sondern verstrahlt lediglich mein Labor mit einer sehr geringen Leistung an extrem breitbandiger Hochfrequenz. Nachdem die Netzspannung verbunden und eingeschaltet ist, gibt der Lüfter des Lasernetzteiles erste Lebenszeichen von sich. Nach Einstellung der Ausgangsspannung auf über 10 kV erwacht auch der Löschfunkensender zum Leben. Beim weiteren Erhöhen der Ausgangsspannung auf bis zu 30 kV nimmt die Frequenz, mit der die Funkenstrecke im Sender feuert, erwartungsgemäß zu.

Löschfunkensender mit einer Frequenz von ca. 3 MHz

Löschfunkensender mit einer Frequenz von ca. 3 MHz

Der Löschfunkensender wird im Übrigen der Fokus eines zukünftigen Artikels sein.

YouTube Video

Zusammenfassung

Dieses Projekt zeigt, wie man die Vorteile der Zuverlässigkeit kommerzieller Baugruppen und die Kostenersparnis von Eigenbauten effektiv miteinander verbinden kann. Mit einem Kostenaufwand von lediglich 100 – 150 € (je nach Bezugsquelle) kann der Zugang zu interessanten Hochspannungsexperimenten Eröffnet werden.

Links and Sources:
[1] VEVOR 50W CO2 Lasernetzteil, VEVOR: https://vevor.com/
[2] Hochspannungstecker für 40kV Kabel (CSA TV-40), HighVoltageshop.com: https://highvoltageshop.com/
[3] 1 GΩ , 30 kV Messwiderstand, HighVoltageshop.com: https://highvoltageshop.com/
[4] MG Chemicals 4226A Isolierlack, Dr. Dietrich Müller GmbH: https://www.muellerbestellung.de/

Bitte zitieren als:
S. Westerhold: Einstellbares 30 kV Hochspannungs-Netzeil im Eigenbau (2024), in: Baltic Labor Blog für Hochfrequenz- und Messtechnik, ISSN (Online): 2751-806X, URL: https://baltic-labor.de/2024/03/einstellbares-30-kv-hochspannungs-netzeil-im-eigenbau/ (Stand: 25.12.2024).

Sebastian Westerhold

5 Comments

  1. Thomas

    Vielen Dank für die großartige Anleitung!
    Allerdings bekomme ich nur einen Funkenüberschlag von max 1mm bei den vollen 5V (Pin 5 + 6 gebrückt).

    Woran kann das liegen? Ist das Netzteil defekt?

    Viele Grüße,
    Thomas

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