Leiterplatten mit Salzsäure und Wasserstoffperoxid ätzen

Das richtige Ätzmittel für die Platinenherstellung könnte eine eigene Wissenschaft für sich sein. Einige schwören auf Eisen(III)-chlorid, andere auf Natriumpersulfat. In diesem Artikel zeige ich, wie man mit Salzsäure und Wasserstoffperoxid sicher, präzise und effizient Leiterplatten im Heimlabor herstellen kann.

Einführung

Salzsäure (HCl) und Wasserstoffperoxid (H2O2) als Ätzmittel für Platinen zu verwenden ist an und für sich nichts Neues. Ich habe diese Methode kürzlich für mich neuentdeckt, da mir mein Natriumpersulfat ausgegangen ist und meine Ungeduld und Neugier groß genug waren es einmal zu probieren. Ich war beeindruckt von der Qualität der resultierenden Leiterbahnen. Meine Freude teilte ich sodann auf Twitter [1]. Zu meiner Überraschung waren die Antworten sehr polarisiert. Einige meiner Follower bestätigten meine Beobachtungen in Hinblick auf Qualität, Schärfe und Wiederholbarkeit. Andere konstatierten, dass es sich hierbei um eine unverantwortliche, gefährliche, schwer zu kontrollierende Methode handelt. Wie kommt diese scharfe Teilung der Meinungen? Wie so oft liegt der Teufel im Detail: Die Gruppe, die selbst von positiven Erfahrungen berichtet, verwendet korrekterweise stark verdünnte Ätzlösungen. Das alte Sprichwort, die Dosis mache das Gift, gilt halt auch bei der Qualität eines Ätzmittels.

Verwendetes Ätzmittel

Für einen Liter an Ätzmittel wird folgendes Mischungsverhältnis verwendet:

  • 700 ml Destilliertes Wasser
  • 200 ml 30-35 % Salzsäure (HCl)
  • 100 ml 12 % Wasserstoffperoxid (H2O2)

Das exakte Mischungsverhältnis ist nicht all zu kritisch. Zunächst wird das Wasser in das Mischbehältnis gefüllt, danach die Salzsäure und zuletzt das Wasserstoffperoxid.

Zwei GL45 Laborflaschen mit 8 %-iger Salzsäure (links) und 12 %-igem Wasserstoffperoxid (rechts)

Zwei GL45 Laborflaschen mit 8 %-iger Salzsäure (links) und 12 %-igem Wasserstoffperoxid (rechts)

Konzentrierte Salzsäure raucht relativ stark und die Dämpfe sind äußerst aggressiv. Sehr unangenehm beim Einatmen und für alle metallischen Objekte in der näheren Umgebung. Um einen sicheren Umgang auch im Heimlabor zu ermöglichen, wird an einem gut belüfteten Ort einfach auf Vorrat eine 8%-ige Salzsäure hergestellt. Zusammen mit 12%-igem Wasserstoffperoxid vereinfacht diese Vorbereitung die Herstellung der fertigen Ätzlösung: Um 10 Teile einer fertigen Ätzlösung zu erhalten mischt man 9 Teile der 8%-igen Salzsäure und einen Teil des 12 %-igen Wasserstoffperoxid. Beispielsweise 90 ml 8%-ige Salzsäure und 10 ml des 12%-igen Wasserstoffperoxid.

Die Konzentration des Wasserstoffperoxid wurde unter Berücksichtigung des immer einschränkender werdenden Chemikalienrechtes, insbesondere dem Ausgangsstoffgesetz gewählt. Alternativ kann auch eine 15 %-ige Salzsäure und 3 %-iges Wasserstoffperoxid in einem Mischungsverhältnis von 1:1 verwendet werden.

Gefahr einer Chlorgasentwicklung

Ein häufiger Einwand gegen dieses Ätzmittel ist die vermeintliche Gefahr einer Chlorgasentwicklung. Chlor entsteht im Reaktionsprozess zwar, (Gl. 1 and 2), ob Chlorgas frei wird, hängt jedoch stark von den verwendeten Konzentrationen ab [2]. Wenn die Konzentration der Salzsäure unter einem gewissen Grenzwert gehalten wird, wird das gelöste Chlor in einem weiteren Reaktionsschritt wieder umgewandelt (Gl. 3).

(1)   \begin{equation*}  H_2O_2 + HCl -> H_2O + HOCl \end{equation*}

(2)   \begin{equation*}  HOCl + HCl -> H_2O + Cl_2 \end{equation*}

(3)   \begin{equation*}  H_2O_2 + Cl_2 -> 2HCl + O_2 \end{equation*}

Bleibt die Frage: Wie viel Salzsäure ist zu viel? Um direkt aus einer Studie mit dem Titel „Oxidation of hydrogen chloride with hydrogen peroxide in aqueous solution“ zu zitieren:

The oxidation of hydrogen chloride with hydrogen peroxide at common temperature with the evolution of chlorine into the gas phase occurs at a hydrogen chloride concentration in a solution exceeding the threshold value (5.2 M).

5,2 M entspricht in Etwa einer HCl Konzentration von 16,1 %. Die Konzentration von HCl in der hier empfohlenden Ätzlösung beträgt ungefähr 2,27 M, weniger als die Hälfte des kritischen Grenzwertes!

Ätzvorgang

Die Ätzlösung wird wie im vorherigen Abschnitt beschrieben zubereitet. Ein Becherglas in ausreichender Größe wird als Ätzgefäß verwendet. Der Füllstand sollte so gewählt werden, dass die Platine komplett untergetaucht ist. Für eine Kupferschicht von 35 µm (1 oz) ist mit einer Ätzzeit von ca. 17 Minuten zu rechnen. Nachdem der Ätzvorgang vollständig ist, wird die Platine vorsichtig mit einer Plastikpinzette aus dem Ätzbad entfernt und mit Wasser gewaschen.

FR4-Platine nach 17 Minuten in der Salzsäure / Wasserstoffperoxid Ätzlösung

FR4-Platine nach 17 Minuten in der Salzsäure / Wasserstoffperoxid Ätzlösung

In der Anfangsphase wird das Kupfer angegriffen und und es entsteht Kupferchlorid. Nach einiger Zeit verhält sich die Ätzlösung mehr wie eine Ätzlösung auf Basis von Kupfer(II)-chlorid [3]. Die Zugabe von etwas Kupfer(II)-chlorid zu Beginn würde daher den Ätzprozess vermutlich beschleunigen. Durch seine regenerative Natur dürfte die Ätzlösung sehr lange halten. Dies wurde allerdings nie versucht, die Ätzlösung wurde stets neu zubereitet, wenn sie benötigt wurde.

Fazit

Das Resultat ist äußerst zufriedenstellend. Die Qualität der Leiterbahnen ist hervorragend, sehr scharf, keine Überätzungen. Beim Arbeiten mit Chemikalien sollten selbstverständlich die üblichen Sicherheitsregeln für das Arbeiten im Labor eingehalten werden. Das Tragen einer Schutzbrille und Handschuhen wird empfohlen. Allerdings kann aufgrund unfreiwilliger Erfahrung gesagt werden, dass ein Hautkontakt nicht besonders tragisch ist. Dies ist aufgrund der hohen Verdünnung auch nur wenig verwunderlich.

Prototyp eines Triplexers für die Verwendung eines modifizierten LNB für Empfangsexperimente im K-Band

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YouTube Video

Links und Quellen:

[1] Twitter Post, Baltic Lab: https://twitter.com/BalticLabEE/status/1687521760386670592

[2] Oxidation of hydrogen chloride with hydrogen peroxide in aqueous solution, Skudaev, V. and Solomonov, A. and Morozovskii, A. and Isakov, N.: https://link.springer.com/article/10.1134/S1070427208010035

[3] Etching with Air Regenerated Acid Cupric Chloride, By Adam Seychell: http://techref.massmind.org/Techref/pcb/etch/cucl2.htm

Bitte zitieren als:
S. Westerhold: Leiterplatten mit Salzsäure und Wasserstoffperoxid ätzen (2023), in: Baltic Labor Blog für Hochfrequenz- und Messtechnik, ISSN (Online): 2751-806X, URL: https://baltic-labor.de/2023/08/leiterplatten-mit-salzsaeure-und-wasserstoffperoxid-aetzen/ (Stand: 27.04.2024).

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